Antrag zur Tagesordnung für die Sitzung des Ausschusses für Soziales und Arbeit am 28.02.2024

Sehr geehrter Vorsitzender Daniel Siebel,

Zur Sitzung des Ausschusses für Soziales und Arbeit am 28.02.2024 beantragt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den folgenden Tagesordnungspunkt:

Bezahlkarte für Schutzsuchende

Begründung:

Die nach dem MPK-Beschluss im November 2023 von der Landesregierung NRW angekündigte Bezahlkarte für Asylbewerber*innen soll nun doch nicht flächendeckend in ganz NRW eingeführt werden. Laut Staatskanzlei in Düsseldorf solle es keinen „Anschlusszwang“ für die Kommunen geben, da diese die Kosten für die Bezahlkarte selbst übernehmen müssten.[1]

Mit der Bezahlkarte solle u. a. vermieden werden, dass Schutzsuchende Geld in ihre Heimatländer schicken oder die erhaltenen staatlichen Leistungen anderweitig „missbrauchen“. Die monatlichen Sozialleistungen sollen statt Bargeldzahlungen künftig auf einer mit einer IBAN verknüpften Karte eingehen. Expert*innen vertreten hingegen die Auffassung, dass eine Bezahlkarte weder die Asylantragszahlen reduzieren noch Rücküberweisungen in die Herkunftsländer verhindern würde. Diese Überweisungen dienten vielmehr dazu, die Lebensumstände meist der Familienangehörigen zu verbessern und somit dazu beizutragen, dass diese in den Herkunftsländern verbleiben. Zudem werden Menschen auf diesem Wege entmündigt.[2] Beispielhaft angeführt seien hier die Erfahrungen aus dem Landkreis Erding. Dort wurde eine Bezahlkarte nach vier Jahren wieder abgeschafft, weil zu viele Alltagsprobleme für die beziehenden Menschen auftraten. So konnte mit der Karte nur in Geschäften gezahlt werden, die ein Kartenlesegerät hatten, womit bereits ein Busticket oder Einkäufe bei kleinen Händler*innen zu einem Hindernis wurden. Zudem bedeutete die Einführung eine deutliche Mehrbelastung für Integrationshelfer*innen.

Vor diesem Hintergrund bittet die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Verwaltung um einen Sachstandsbericht zu den aktuellen Überlegungen und Plänen bezüglich der möglichen Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende in Gelsenkirchen. Insbesondere bitten wir dabei auch um Ausführung der möglichen finanziellen Folgen für die Stadt und die Beantwortung der folgenden Fragen.

  1. Plant die Stadt die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchenden und wenn ja, in welcher Form?
  2. Welchen konkreten Mehraufwand würde die Einführung der Karte für Gelsenkirchen bedeuten?
  3. Welche Funktionen soll eine mögliche Bezahlkarte konkret haben und soll es Beschränkungen in der Nutzung geben? Wenn ja, welche Zahlungen sind ausgeschlossen?
  4. Soll der vollständige AsylBLG-Anspruch bargeldlos erfolgen oder soll parallel ein „Taschengeld“ weiter bar ausgezahlt werden und ist eine Bargeldabhebung mit der Karte möglich?
  5. Da in der Regel Gebühren mit einer Abhebung verbunden sind, wird die Kommune diese Kosten tragen? Wenn nein, wieso nicht?
  6. Sind die Karten optisch so gestaltet, dass sie nicht von anderen Bezahlkarten zu unterscheiden sind, sodass Schutzsuchende damit an der Kasse vor Stigmatisierung geschützt werden? Wenn nein, wieso nicht?
  7. Ist eine solche Bezahlkarte ohne eigenes Konto möglich? Wenn nein, wie sollen diejenigen versorgt werden, die über kein Konto verfügen?
  8. Ist die Karte auch außerhalb Gelsenkirchens gültig? Wenn nein, wieso nicht?
  9. Die aktuell in Hannover eingesetzte „SocialCard“ soll wahlweise als Plastikkarte oder als mehrsprachige App für das Smartphone kommen und ausdrücklich keine Beschränkungen beinhalten, sondern den Nutzer*innen ohne Konto mehr Teilhabe ermöglichen.[3] Wie steht die Verwaltung zu einer derartigen Lösung?

[1] https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/bezahlkarte-asyl-100.html

[2]https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/aenderung-bei-geld-leistungen-fuer-fluechtlinge-endlich-id241560480.html

[3]https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Socialcard-fuer-Gefluechtete-Wie-funktioniert-sie,socialcard102.html